Ich war sehr glücklich letzten Monat. Lily eine von meinen besten Freundinnen hat mich besucht. Sie hat über ihre Erlebnisse geschrieben.

“ Besonders im Englischen ist der Begriff „Gemeinschaft“, oder besser gesagt „community“, momentan ein echtes Buzzwort. Er wird wie mit dem Salzstreuer verteilt, und zwar von allen und überall, von der Krabbelgruppe bis zum Finanzmagazin, und scheint anzukommen. Echten Gemeinschaftssinn kann es aber auch dort geben, wo er nicht groß angepriesen wird. Wie zum Beispiel unter den Menschen im orkadischen Hauptort Kirkwall.

Ich habe keine soziologische Studie unternommen, und beziehe mich hier auch auf keine von anderen, aber es ist schon einleuchtend, dass Zusammenhalt und Austausch besonders wichtig für Menschen sind, die auf abgelegenen Inseln mit kargem Boden und umgeben von rauer See leben. Mir scheint dies mehr als nur ein Klischee zu sein; mein Eindruck von Orkney war es allemal.

Wir verließen Kirkwall gegen Mittag und fuhren zuerst durch ein sympathisches Dorf namens Finstown (dessen lokaler Gasthof gerade auf eine neue Übernahme wartet!), von dem aus man einen guten Blick auf das Gut Binscarth hat, das einem Laird gehört. Wie Fidra mir (auf deutsch!) erklärte, ist „Laird“ ein Titel für einen Landbesitzer in Schottland, der im Besitz feudaler Rechte ist und zum niederen Landadel zählt. Reisen bildet!


Unsere erste Station war ein uralter Steinkreis unweit eines Bauernhofes, bekannt als Stehende Steine von Stenness, oder Standing Stones of Stenness (Wenn das mal kein Zungenbrecher ist!). Es kann einen nur beeindrucken, wenn man bedenkt, dass Menschen vor tausenden Jahren bereits in der Lage waren, solche Projekte für rituelle Zwecke in Angriff zu nehmen – rein handwerklich, aber auch planerisch und was Ressourcen angeht. Umso mehr erstaunt es, dass die Standing Stones nicht immer von allen Einheimischen wertgeschätzt wurden, und ein benachbarter Bauer vor Jahren einige Steine gesprengt haben soll.


Noch beeindruckender fand ich den zweiten Steinkreis zu dem wir im fuhren – den Ring of Brodgar, der eigentlich aus einem inneren und einem äußeren Ring besteht. An jenem Tag konnte man den inneren leider nicht betreten, weil der Boden nicht überfordert werden durfte. Dies regt einem zum nachdenken darüber an, wie viel Wertschätzung in Form von Besuch eine historische Stätte aushalten kann. Ebenso interessant ist die Überlegung, wann eine Schmiererei zum Kulturgut wird. Die Orkney Inseln wurden nämlich über Jahrhunderte von verschiedenen Völkern geprägt, und ein Wikinger namens Björn ritzte seinen Namen in einen der Steine von Brodgar – damals war es nichts als ein Graffiti, heute ist es für uns ein historischer Hinweis, eine Bereicherung des Rings und Teil der orkadischen Kultur. Beide Steinkreise sind in jedem Fall in ihrer heutigen Form sehr beeindruckend und haben fast etwas von einer menschlichen Kongregation, so wie sie da gemeinsam stehen, von Wind, Wetter und Zeit unbeirrt.

Eine weitere Geschichte jahrtausendealter Zivilisation erzählt das neusteinzeitliche Dorf Skara Brae, das wir als nächstes aufsuchten. Es wurde behutsam ausgegraben und kann gut besichtigt werden, solange man einigermaßen trittsicher ist. Vor Skara Brae der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, diente es auch einmal quasi als Abenteuerspielplatz für die Kinder eines benachbarten Adelsguts, wie Fidra zu berichten wusste. Skara Brae liegt unmittelbar neben einem idyllischen Sandstrand, der auch ein paar Minuten der leisen Bewunderung verdient.


Ich will gar nicht verschweigen, dass der Wind an jenem Tag recht heftig war. Es war daher eine Wohltat, nach Skara Brae ein stattliches Anwesen namens Skaill House zu besichtigen, und zwar von innen. Auch dort konnte Fidra wieder mehrere Anekdoten zum besten geben. Der Legende nach saß die Königin Mutter wenn sie zum Essen kam immer mit dem Rücken zum Fenster, buchstäblich um ihr Gesicht ins beste Licht zu rücken, und verzichtete dafür auf eine idyllische Sicht auf sattgrüne Wiesen. Im kleinen Salon im ersten Stock des Skaill House wohnt außerdem der Zwillingsbruder des berühmten Tigerteppichs aus „Dinner for One“.

Für mich war dies wirklich der perfekte Start für meinen Orkney-Aufenthalt, an den ich gerne zurück denke, und der mir später noch einige weitere Beispiele des orkadischen Gemeinschaftssinns aufgezeigt hat. Ich denke etwa daran, wie wohlwollend ich zu einem Webkreis in der Loom Room- Werkstatt aufgenommen wurde, oder wie großzügig Mitfahrgelegenheiten angeboten werden, und wie eine Bekannte Fidras mich wie selbstverständlich mit gesamter Tauchausrüstung und Profitipps ausstattete, vor wir zur Umschwimmung eines Schiffswracks aufbrachen.

Schreiben könnte ich über jene Tage noch eine Weile, aber dieser Blog-Eintrag scheint mir schon lang genug – es bleibt mir zu hoffen, dass ich ihnen meine Begeisterung für Orkney nahebringen konnte, und dass Sie selbst bald selbst dorthin aufbrechen werden!”

Vielen dank für deinen Besuch Lily! – Fidra 🙂

 


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